Das Herbarium des DEI: „Propheten-Gurken“ und „bestgehasstes Unkraut“

Unser erster Direktor, Gustaf Dalman, hat alles gesammelt, was seine ethnologische Sammelleidenschaft entfachte: Steine, Keramik, Kleidung, Tiere und auch Pflanzen. Im Jahr 1911 übernahm er eine Pflanzensammlung des damaligen Kanzleileiters des deutschen Konsulats in Jerusalem, Dr. Otto Kersten. Dieser hatte schon 1870 ein Herbarium angelegt. Dabei konzentrierte er sich zuerst auf die Botanik rund um das Tote Meer. 1912 und 1913 wurde die Sammlung durch Dalman erweitert und erhielt weitere Schwerpunkte – Pflanzen aus der Umgebung um Jerusalem und der Judäischen Wüste. Die Sammlungsstücke decken ein weites Spektrum der typischen Frühjahrsblüher Palästinas ab und stellen damit aus wissenschaftlicher Sicht eine äußerst wichtige und erhaltenswerte Quelle dar. Für Biologen sind sie eine wahrhafte Fundgrube, stellen sie doch Pflanzengattungen vor der Kultivierung und der landwirtschaftlichen Industrialisierung vor. Sie bilden eine Vielfalt ab, die zumindest in der Neuzeit in der südlichen Levante so nicht mehr vorhanden ist.

Im März 2009 wurde die vor über 100 Jahren durchgeführte Zuordnung von Prof. Dr. Harald Kürschner von der Freien Universit.t Berlin überarbeitet und die Bögen des Herbariums auf säurefreiem Papier neu arrangiert. 

Seither wurden immer einige wenige Exemplare im Museum des DEI gezeigt und die Mehrzahl schlummerte vor Tageslicht geschützt in unserem Archiv. Bis zu einem Besuch der Kuratorin des Herbariums der Hebräischen Universität, die uns ermutigte, die Sammlung zu digitalisieren. So wurden im Laufe des Sommers alle Bögen fotografiert, alle verfügbaren Informationen (Bestimmung, Sammlungsort, Datum und handschriftliche Notizen etc.) in eine Datenbank eingetragen und die Bögen neu in säurefreie Boxen sortiert. 

Das Entziffern der Handschriften war dabei eine ganz besondere Aufgabe, da die „jüngeren“ Exemplare von 1911- 1913 zwar schon in Sütterlin, die „älteren“ noch in deutscher Kurrentschrift beschrieben wurden und der bzw. die Sammler nicht gerade Bestnoten in Schönschreiben bekommen hätten. Nicht selten waren einige Wörter ein Rätselspaß für das gesamte Institut. „S. W.“ stand für Syrisches Waisenhaus. Arabische Ortsnamen wurden der üblichen palästinischen Aussprache nach verzeichnet. 

Auch die Namen der Pflanzen verblüfften. So wurden wir vertraut mit „Propheten-Gurken“ (Cucumis prophetarum) oder Pflanzen, die liebevoll als „bestgehasstes Unkraut“ bezeichnet wurden (Cynodon dactylon). Wider Erwarten stellte sich das Gossypium herbaceum als weniger geschwätzig als gedacht heraus. Aber die Mühen haben sich gelohnt und die über 1000 Arten endemischer Pflanzen aus der vorindustriellen Welt des Heiligen Landes sind nun geordnet und in einer Datenbank zugänglich. 

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